Der bewusste Umgang mit Trinkwasser ist natürlich zu befürworten. Da es sich um einen Prüfungsantrag handelt, können wir diesem auch zustimmen.
Dennoch möchten wir einige Aspekte nennen, von welchen wir uns wünschen, dass sie in einer Prüfung berücksichtigt werden. Es ist ja bald Weihnachten.
Der vorliegende Antrag fordert, die Nutzung von Grauwasser in Neubauprojekten zu prüfen. Die Begründung liest sich ein wenig so, als ob man eine Anlage in den Keller oder den Garten stellt und alles sei gut. So einfach ist es aber leider nicht.
Worum geht es also bei „Grauwasser“?
Laut Definition, ich beziehe mich hier auf Wikipedia, bezeichnet Grauwasser „gering verschmutztes Abwasser aus Bädern, Duschen oder Waschmaschinen, das durch Aufbereitung einer Zweitnutzung als Brauch- bzw. Betriebswasser dienen kann“.
Die Brauchwasseraufbereitung bedarf neben den notwendigen Rohrinstallationen ausgeklügelter Technik. Für die Aufbereitung werden i.d.R. Membranbioreaktoren eingesetzt. Gebläse und Pumpen sind in den entsprechenden Installationen verbaut. Ebenso bedarf es einer Trinkwassernachspeisung, Überlauf usw.. Insgesamt recht aufwendige Technik.
Diese muss gewartet werden, mindestens einmal im Jahr. Membranen des Bioreaktors müssen aufgearbeitet oder ausgetauscht werden.
Für Gebläse und Pumpen wird Strom benötigt, der zumindest momentan zu großen Teilen Kohlekraftwerken entstammt. Dies wird auch noch eine Weile so bleiben. Pumpen haben häufig einen hohen Strombedarf, z.B. die Heizungspumpe ist in Haushalten einer der großen Energieverbraucher.
Die Grauwasseraufbereitung führt also zu erheblichen Installations-, Betriebs- und Wartungskosten.
Das mögliche Einsparpotential liegt hingegen primär in der Toilettenspülung, für welche das aufbereitete Wasser üblicherweise eingesetzt wird.
Man liest manchmal davon, dass man mit dem aufbereiteten Grauwasser, je nach Aufbereitungsaufwand auch die Wäsche waschen könne. Aber es gibt eine zunehmende Anzahl von Mitbürgern, die mit hypoallergenen Waschmitteln waschen müssen, da sie die Seifenrückstände nicht vertragen. Welche Verträglichkeit aufbereitetes Grauwasser hat, ist bisher nicht bekannt.
Also bleiben wir einmal bei dem unkritischsten Anwendungsfeld, der Toilettenspülung. Laut Umweltbundesamt macht diese 27% des Gesamtwasserverbrauchs eines Haushalts aus. Wenn eine Person im Jahr 2018 im Mittel 200 EUR für Trinkwasser ausgeben musste, wären dies 55 EUR für die Spülung (Quelle: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft). Diese Einsparung wird sicherlich von den jährlichen Wartungskosten wieder aufgefressen.
Wägt man das Einsparpotential gegen die erwartbaren Installations- und die laufenden Kosten ab, erscheinen solche Investitionen irrational.
Daher würden wir es begrüßen, wenn bei der Prüfung Wirtschaftlichkeitsaspekte ebenso wie der Stromverbrauch im Sinne einer Gesamtökobilanz betrachtet würden.
Und wir sollten nicht vergessen: Die Installations-, Betriebs- und Wartungskosten spielen natürlich auch eine Rolle bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Bezahlbarer Wohnraum soll am Baufeld V am Bahnhof entstehen und auch am Altkönigblick. Auch dieser Aspekt wird hoffentlich in die Prüfung einfließen.
Wortbeitrag von Dr. Marcus Bodesheim in der Stadtverordnetenversammlung vom 15.12.2022
> Youtube Kronberg (ab 2:00 h)
So wurde entschieden:
Antrag angenommen mit 13 Ja : 7 Nein : 6 Enth
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