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Dr. Heide-Margaret Esen-Baur

Haushaltsrede: Wenn nicht jetzt, wann dann?


Der uns vorliegende Haushalts-Entwurf ist erfreulich. Kein Vergleich zu den Haushalten der vergangenen Jahre, in denen wir hohe Defizite mit uns herumschleppten und deshalb von der Aufsichtsbehörde aufgefordert waren, ein Haushalts-Sicherungskonzept zu erstellen.

Diese Zeit ist nun vorbei. Unsere Haushalts-Situation hat sich ins Positive gewendet. Das ist im Wesentlichen auf drei Umstände zurückzuführen:

1. Zweimal, zum 1.1.2014 (auf 430) und zum 1.1.2015 (auf 500), wurde die Grundsteuer B angehoben und dabei verdoppelt. Diese Steuer trifft alle Bürger – nicht nur Villenbesitzer, sondern auch jeden Mieter und Gewerbetreibende – und diese haben in den letzten Jahren ca. 9 Mio der Stadtkasse zusätzlich zugeführt.

2. Der konjunkturbedingte, auf absehbare Zeit dauerhafte – Anstieg der Steuereinnahmen, vor allem der Gewerbesteuer sowie hohe unerwartete Nachzahlungen haben weiteres Geld in die Stadtkasse gespült.

3. Der Anstieg der Einkommenssteuer war ebenfalls bemerkenswert.

Das Defizit wurde maßgebend durch diese drei Faktoren beseitigt und nicht etwa durch gezielte Maßnahmen, wie z. B. Stellenabbau. Der derzeit erfreuliche Haushalt ist also nicht das Ergebnis politisch gewollter Einsparungen, sondern vor allem das Ergebnis von Steuermehreinnahmen, die uns größtenteils in den Schoß fielen.

Kronbergs gute finanzielle Situation wurde bereits im Haushalts-Entwurf, der uns vor dreieinhalb Monaten vorgelegt wurde, deutlich. Auf dieser Basis haben wir Politiker beraten. Wir in der KfB haben den Antrag gestellt und begründet, die Grundsteuer B zu senken. Alle anderen Fraktionen sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es noch zu früh sei, die finanzielle Situation sei nicht stabil genug – eine Schwalbe mache noch keinen Sommer.

Allerdings wurde dann am Morgen der Haushaltsberatungen im Finanzausschuss von der Verwaltung ein mehrseitiges Papier mit Tabellen in 8-Punkt-Schrift – und teilweise falschen Zahlen – verteilt. Diese enthielten erhebliche Abweichungen: Denn kurzfristig sprudelten noch weitere Steuereinnahmen - allein +7,5 Mio Euro Gewerbesteuer. In den Tabellen standen aber auch schon höhere Ausgaben. Die Verwaltung hatte sich nämlich gleich einen kräftigen Schluck aus der Pulle genehmigt und vor allem aufgrund der anstehenden Bauprojekte rund 600Tsd Euro mehr eingeplant. Aber: Die Erhöhungen standen zwar auf dem Papier, sie waren aber nicht „durchgerechnet“, d.h. es war nicht sofort klar ersichtlich (bei einer Tischvorlage), um wie viel sich Ergebnis- und Finanz-Haushalt dadurch noch weiter verbesserten und wo wir als Stadt tatsächlich stehen.

Dazu kamen dann in der HFA-Sitzung von allen anderen Fraktionen neue Anträge, die nochmal so viele Ausgaben bzw. Investitionen verursachen – in Summe also mehr als 1 Mio. Zusatzausgaben im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf – und das in einer einzigen Sitzung. Erinnern wir uns: Noch im letzten Sommer gab es eine mehrwöchige Bürgerbeteiligung, da sah man, wie schwer es ist, 1 Million einzusparen…

Alle Fraktionen haben also fleißig hier und da mehr Geld ausgegeben, aber der Antrag der KfB, die Grundsteuer B zu senken – was als einziger Antrag ALLEN Bürgern zugute käme – der wurde abgelehnt. Mit der Begründung – man sei noch nicht sicher, wie stabil der Haushalt ist.

Seit Freitag Nachmittag wissen wir es aber schwarz auf weiß – denn da kam wieder eine Änderungsliste für uns Stadtverordnete. Allerdings ohne den sonst üblichen Hinweis per E-Mail, weshalb der ein oder andere von uns selbst gestern oder vielleicht bis zu diesem Moment noch nichts davon weiß: Trotz aller zusätzlichen Schlucke aus den diversen Pullen erwarten wir ein noch besseres ordentliches Ergebnis als in der ersten Beratungsvorlage: nämlich 2,1 Mio. Euro Überschuss (Zur Erinnerung: Im Entwurf waren er „nur“ knapp 800 Tsd Euro). Für 2019 sind wir rd. 1,8 Mio Euro im PLUS. Damit wäre auch die mittelfristige Entwicklung deutlich positiver als bisher erwartet – allerdings wurden uns diese Zahlen noch nicht aktualisiert vorgelegt. Somit haben wir es hier, um im Bild zu bleiben, nicht mit einer Schwalbe am Himmel, sondern mit einem fetten Schwarm zu tun.

Deshalb sind wir der Auffassung, dass genau jetzt die Zeit ist, die Kronberger Bürger, die in schlechten Zeiten mit ca 9 Mio Euro einen enormen Beitrag zum Abbau des städtischen Defizits geleistet haben, wieder zu entlasten. Dabei schlagen wir zunächst - und damit äußerst konservativ - eine moderate Reduktion von 57 Punkten vor. Nach unseren Berechnungen führt das zu einer Entlastung von ca. 500.000 Euro im Jahr – ist also finanziell kein Problem.

Mit diesem Satz liegen wir auf dem Durchschnitt der hessischen Kommunen unserer Größenordnung. Ja, es gibt Kommunen, die höhere Belastungen haben, aber diese sind - mit Ausnahme von Königstein – weiterhin defizitär. Auch Bürgermeister Temmen stellte eine Senkung in Aussicht – allerdings erst 2020. Ein Schelm, wer dabei an die Bürgermeisterwahlen denkt.

Ich appelliere an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, stimmen Sie unserem Antrag zu. Die finanzielle Situation Kronbergs – auch auf Sicht der nächsten Jahre – erlaubt dies. Wir investieren kräftig – rund 10 Mio. Euro. Wir haben unsere Schulden stark zurückgeführt. Wir haben genug Liquidität. (Herr Becker, damit sind Ihre 3 Anforderungen erfüllt.) Wenn wir die Bürger in schlechten Zeiten zur Kasse bitten, müssen wir sie in deutlich besseren Zeiten auch wieder entlasten – das ist glaubhafte Politik.

Richten wir nun den Blick auf die in den Haushalts-Beratungen eingebrachten neuen Ausgaben, dann wird schnell sichtbar, dass hier die Gunst der Stunde viele neue Begehrlichkeiten zutage gebracht hat.

Da wäre zunächst der dickste Brocken: Die Koalition will zusätzliche 470.000 Euro für Planungsunterstützung einstellen: eine auf fünf Jahre begrenzte Stelle zu je 65.000 Euro plus 140.000 Euro für externe Berater.

Als die Koalition sich auf diesen Antrag – wohlgemerkt: vor der HFA-Sitzung und ihren Tischvorlagen – geeinigt hat, konnte sie noch nicht wissen, dass die Verwaltung bereits umfangreiche Mittel in Höhe von 574.000 Euro für die Planungen der zukünftigen Bauvorhaben inklusive Altkönigblick zusätzlich eingestellt hatte. Denn dies geschah erst mit besagter Änderungsliste.

Wir schließen daraus, dass – wenn die Verwaltung weitere Mittel benötigt hätte – sie diese ebenfalls über die Änderungsliste gefordert hätte. Hat sie aber nicht. Sie hat sogar sehr verhalten auf den Antrag reagiert – denn dafür qualifiziertes Personal ist ohnehin schwer zu finden, erst recht bei zeitlicher Befristung – und weitere externe Dienstleister erfordern höheren Koordinationsaufwand. Hier wurde also parallel bzw. doppelt gearbeitet. Wir möchten in Anbetracht dieser neueren Information den Antrag noch einmal zur Abstimmung stellen und appellieren an die Vernunft unserer Kollegen – nicht noch weitere – in Summe 470.000 Euro – auszugeben. Zusammen mit dem Betrag der Verwaltung wäre es mehr als 1 Mio. zusätzlich.

Oder ist dieser Betrag etwa dem Ansinnen der CDU geschuldet, die Taunushalle abzureißen und neu zu bauen und überhaupt den ganzen Schönberger Ortskern neu zu ordnen? Da dürfte doch inzwischen klar geworden sein, dass dies betriebswirtschaftlich keinen Sinn macht, vom Ortsbeirat und einem Großteil der Schönberger Bevölkerung auch nicht gewünscht wird.

Um das barocke Ausgabeverhalten der Fraktionen wieder etwas zu mildern, stellen wir folgende Anträge, die im Finanzausschuss beraten wurden, jetzt noch einmal zur Abstimmung. Dazu gehören:

  • 30.000 Euro für externe Coaches, um Flüchtlinge beruflich zu fördern - das wurde jedoch bereits durch "Chance e.V." mit 15 Kronberger Flüchtlingen gemacht. Weiteres Coaching wäre jederzeit möglich, sofern es geeignete Kandidaten gäbe. Zudem gibt es den Förderverein, der über Spenden verfügt.

  • Die Vereinsförderung soll um 40.000 Euro erhöht werden - dabei hat die Verwaltung ausgerechnet, dass nach den Förderrichtlinien max. 15.000 Euro vergeben werden können, die verbleibenden 25.000 Euro sollten dann für einzelne Sonderprojekte vergeben werden. Die KfB beantragt einen Sperrvermerk für diesen Posten, bis der Sozialausschuss dazu beraten konnte, so war es auch im HFA beschlossen.

  • Die CDU beantragt 30.000 Euro für eine externe Beratung, falls sie die Straßenbeitragsgebühren umstellen möchte. Die KfB sieht dies jedoch als präjudizierend an, denn auch darüber wurde noch nicht beraten.

  • Ferner möchte wir Sperrvermerke für die Posten "Neubau Kita Peter & Paul" (fast 2 Mio.), "Ausbau Kitas" (pauschal 100.000 pro Jahr) und "Projekt Sportplätze" (2,1 Mio.) – da ebenfalls noch Informationsbedarf besteht, der von der Verwaltung bisher nicht beantwortet wurde und im Bauausschuss auch noch darüber nicht beraten werden konnte.

Diese Anträge sind auch der Tatsache geschuldet, dass die Haushalts-Beratungen diesmal unüblich verlaufen sind. Normalerweise beraten Sozial- und Bauausschuss vor dem Finanzausschuss, diesmal war es umgekehrt.

Wir erwarten, dass zukünftig Änderungslisten rechtzeitig und nicht als Tischvorlage kommen. Wir erwarten auch, dass die Beratungsfolge eingehalten wird. Darauf sollten insbesondere die Ausschussvorsitzenden achten.

Wortbeitrag von Dr. Heide-Margaret Esen-Baur in der Stadtverordnetenversammlung am 22.2.2018

Entscheidungen:

Grundsteuer B: 4 Ja (KfB), 23 Nein, 1 Enthaltung (CDU)

30.000 € Coaches für Flüchtlinge streichen: 3 Ja (KfB), 24 Nein, 1 Enthaltung (KfB)

150.000 € Planungskosten streichen: 4 Ja (KfB), 24 Nein

30.000 € Beratung Straßenbeiträge streichen: 12 Ja (KfB, Grüne, FDP), 15 Nein, 1 Enthaltung (FDP)

Sperrvermerk Neubau Peter & Paul: 9 Ja (KfB, FDP), 19 Nein

Sperrvermerk Vereinsförderung: 9 Ja (KfB, FDP), 18 Nein, 1 Enthaltung (Grüne)

Sperrvermerk KiTa-Ausbau: 9 Ja (KfB, FDP), 19 Nein

Sperrvermerk Sportplätze: 8 Ja (KfB, FDP), 20 Nein

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