Zum Artikel „Prost Wahlkampf“, zum Bericht über CDU-Frühschoppen in Kronberg (Taunus Zeitung vom 17. Januar 2016):
Vor Wochen betonte die SPD, und jüngst die CDU während ihres Frühschoppens in Kronberg, dass sie nicht für die Umsetzung von Einzelinteressen stünden: "'Als Volkspartei kümmern wir uns um die Belange aller Bürger', erteilte Bardtke all jenen eine Abfuhr, die lediglich ihre Partikularinteressen im Blick hätten."
Wenn das so ist, dass sich die Volkspartei um die Belange aller Bürger kümmert, wie kann es dann sein dass es noch Bürger gibt, um deren Interessen sich die CDU nicht genügend kümmert, sodass sie ihre Partikularinteressen selbst in den Blick nehmen müssen? Sich um die Belange/Interessen aller Bürger kümmern zu wollen, ist ein hoher Anspruch. Da kann es der CDU recht sein, dass sie sich nicht um die Belange derer kümmern muss, die „lediglich ihre Partikularinteressen im Blick haben“. Die kümmern sich selbst, weil sich niemand um sie kümmert.
Aber langsam, was sind denn eigentlich Einzelinteressen/Partikularinteressen?
Ich zitiere einen Auszug aus Wikipedia: „Als weniger klar fixierter Begriff bezeichnet Partikularinteresse Ziele und Wahrnehmungen von sozialen Gruppen innerhalb eines größeren Ganzen, die nur beziehungsweise vorrangig nur (zumeist politisch) ihre eigene Sichtweise politisch artikulieren, ohne gruppenübergreifende Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Ein solcher Begriffsgebrauch stellt Partikularinteresse zumeist scharf dem Begriff des Gemeinwohls gegenüber und ist auch oft negativ konnotiert. Die Formulierung von Einzelinteressen als Einzelinteressen ist jedoch nicht per se mit dem Gemeinwohl unvereinbar. So ist gerade für die repräsentative Demokratie der Ausgleich zwischen widersprechenden Partikularinteressen ein Grundcharakteristikum politisch verantwortlichen Handelns.“
Jegliches Interesse ist das Interesse eines Einzelnen. Wenn sich aus Einzelnen Gruppen bilden mit übereinstimmenden Einzelinteressen, entstehen Gruppen/Parteien mit Einzelinteresse (Parteiräson). Alle gesellschaftlichen Gruppierungen, Parteien wie einzelne Bürger, haben Einzelinteressen und vertreten Einzelinteressen und dürfen darüber miteinander streiten. Wenn die Gruppen größer werden, siehe Volkspartei, fühlen sie sich nicht mehr einzeln und bezeichnen ihre Interessen nicht mehr als Einzelinteressen, weil ihr Interesse das „Gemeinwohl“ sei. Die kleinen Gruppen werden dann Gruppen mit Einzel-/Partikularinteressen genannt, die dem „Gemeinwohl“ schaden, da sie, wie Herr Bardtke behauptet, lediglich ihre Partikularinteressen im Blick hätten. Wenn es vor Jahren so „tapfere Kämpfer“ wie CDU und SPD gegen Einzelinteressen gegeben hätte, die sich eindeutig gegen das Wohl Kronbergs richteten, dann stünden die Hochhäuser in Schönberg nicht da, wo sie einem den Blick auf eine der schönsten Hügelketten des Taunus verderben. Es gäbe auch keinen Zoo auf einem Gelände, auf dem er nicht sein sollte.
Wenn die Parteien es ernst meinen mit dem Entzug ihrer Unterstützung von Einzelinteressen, die sich nicht dem demokratischen Prozess stellen, dann gibt es viele Beispiele, sich zu betätigen. Ein aktueller Anlass sind die neuen Bänke, die den Brunnen auf dem Berliner Platz „zieren“. Ein Ereignis eines Einzelinteresses wegen dessen Deplaciertheit und Hässlichkeit man nicht weiß, ob man aus Verzweiflung weinen oder lachen soll. Da tröstet auch nicht, dass sie nichts gekostet haben. Nichts gegen Sponsoring, aber die Stadt muss die Hoheit über die Gestaltung des öffentlichen Raums behalten. Dazu braucht sie ein Konzept, das scheint es aber nicht zu geben. Es darf im öffentlichen Raum nicht sein, dass wer zahlt bestimmt, was und wie es gemacht wird.
Hartwig Kahlcke, Schönberg
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