Heute sollen wir über ein wichtiges Thema abstimmen, das die Stadt über Jahrzehnte prägen wird, nämlich den Bebauungsplan Bahnhofstraße/Bleichstraße.
Der Bebauungsplan wurde mit dem guten Ziel aufgestellt und dem Wunsch dahinter, eine zu dichte Bebauung zu verhindern, wie sie evtl. nach §34 möglich gewesen wäre.
Die Frage heute lautet also objektiv, ist dieses Ziel erreicht worden?
Die KfB hat mehrfach versucht, die zusätzliche Versiegelung gegenüber dem Ist-Bestand, die der Bebauungsplan nun ermöglicht – das entspricht einem Plus von 16% zu ohnehin schon 59% Versiegelung - zu reduzieren. Das betraf v. a. die unterirdische Versiegelung nach GRZ II, nach der nun, insbesondere im Bereich der Bleichstraße, bis zu 80% der Grundstücksflächen für Tiefgaragen samt Zufahrten versiegelt werden können. Alle Bemühungen der KfB liefen ins Leere, wurden abgelehnt!
Neben der unterirdischen Versiegelung geht es aber auch um Gebäudehöhen. Fangen wir mit den Gebäuden gegenüber dem Hotel an. Nach langer Diskussion wurde im Magistrat ein Kompromiss erarbeitet, der als Magistratsentwurf bekannt wurde und der vorgesehen hatte, dass die Gebäude gegenüber dem Hotel niedriger als die höchsten Teile des Hotels bleiben.
Die KfB hat damals schon ausgeführt, dass nach ihrer Rechtsauffassung die Bebauung nach Magistratsentwurf keine Entschädigungspflicht begründet und um eine Stellungnahme der Stadt gebeten.
Stattdessen wurde den Stadtverordneten seitens der Experten ein Risikoszenario präsentiert, welches einen signifikanten Schaden für die Stadt enthielt. Daraufhin wurde in der entscheidenden Sitzung seitens der CDU ein geänderter Plan aus dem Hut gezaubert, der ein Stockwerk auf den Magistratsentwurf hinaufsetzt. Diesem Entwurf wurde dann mehrheitlich, entgegen der Stimmen der KfB, zugestimmt.
In der darauffolgenden StVV gab die Verwaltung auf erneute Nachfrage der KfB bekannt, dass sie sich der Rechtsauffassung der KfB zutreffend sei und dass auch die reduzierte Bebauung nach Magistratsentwurf, der dann schon negativ beschieden war, kein Entschädigungsrisiko auslöst. Die Entscheidung der StVV für den Höhenzuwachs beruhte also auf falschen Informationen seitens der Stadt.
Ebenso unzutreffend waren Ausführungen der SPD, wonach die Gebäude bezahlbarem Wohnraum zu Gute kommen sollten. An dieser Stelle war von bezahlbarem Wohnraum nie die Rede. Und es wird dort keiner entstehen.
Jetzt kann man natürlich sagen „was soll’s? Dann steht da eben ein Stockwerk mehr“.
Tatsächlich entsteht an dieser Stelle eine Schlucht aus zwei nahezu gleich hohen Wänden – nämlich so hoch wie der höhere Teil des Hotels. Mit der Möglichkeit, einer auf Straßenniveau bis zu 50 m langen durchgängigen Bebauung. Dies sind für uns zu massive Betonkörper.
Dem Allem haben die Stadtverordneten zugestimmt, auch weil sie ein finanzielles Risiko für die Stadt verhindern wollten. Dieses Risiko gab es an dieser Stelle aber nie. Dafür haben wir vor 3 Tagen Zugriff zu Unterlagen erhalten, die ein Risiko an einer anderen Stelle zeigen. In diesen 3 Tagen können wir sie natürlich nicht im Detail analysieren und diskutieren.
Darüber wird auch deswegen nicht mehr diskutiert, weil etwaige Änderungen - und damit verbunden eine neue Auslegung - des Bebauungsplans mit gegebenenfalls einer neuen Veränderungssperre Vielen als unrealistisch erscheint.
Da haben wir nun ein aus Risikobetrachtungen unnötiges Stockwerk mehr, ohne das potentielle Risiko an anderer Stelle betrachtet zu haben.
Jetzt schauen wir uns das Gebiet gegenüber dem Konzertsaal an. Aufgrund der vom Konzertsaal im Betrieb ausgehender Emissionen klingender oder lärmender Natur, je nach Geschmack, kann das Gebiet an der unteren Bleichstraße nicht mehr als Wohngebiet klassifiziert sein, sondern wird zum Mischgebiet. Damit einher geht auch die Möglichkeit einer größeren ober- und unterirdischen Bebauung als bei einem Wohngebiet.
So wurde die Flächennutzungszahl GRZ I auf 0,4 festgesetzt. D.h. 40% einer Grundstücksfläche dürfen mit dem Hauptgebäude abgedeckt werden. Die GRZ II beschreibt die Fläche für Nebenanlagen wie Tiefgaragen und deren Zufahrten. Die Summe aus GRZ I und GRZ II wurde auf 0,8 gesetzt und damit auf das überhaupt zulässige Maximum. Das entspricht einer Versiegelung von 80%.
In der Diskussion wurde ebenfalls auf Entschädigungsrisiken für die Stadt hingewiesen, wenn in dem Bebauungsplan nur noch eine geringere Nutzung als der Bestand vorgesehen würde. Damit die Stadtverordneten das Risiko einschätzen können, hat die KfB früh um Information über die Bestands-Zahlen im Bestand der Bleichstraße gebeten. Dies wurde seitens der Verwaltung abgelehnt mit der Begründung, eine solche Erhebung gäbe es nicht.
Wie sich herausgestellt hat gibt es sie doch. Aus den Stellungnahmen zu den Einwänden zum Bebauungsplan geht hervor, dass: „Im Zuge vorbereitender analytischer Arbeiten hat die Stadt Kronberg grundstücksbezogen die städtebaulichen Kennzahlen ermittelt, insbesondere GRZ/GR und GFZ/GF, und auch die Abstände der Gebäude untereinander.“ Die Bitte der KfB im ASU, diese Werte zu erhalten, wurde brüsk abgelehnt.
Wir haben versucht, die Werte selbst zu messen und kommen zu dem Ergebnis, dass die Bestandswerte deutlich niedriger sind als das, was jetzt festgesetzt wurde.
Dass es solche Vergleichszahlen offensichtlich gibt und diese den Stadtverordneten vorenthalten werden ist schon verwunderlich.
Die Bemühungen der KfB, die Versiegelung zu reduzieren, wurden wieder einmal abgelehnt. Und das, obwohl sich nahezu alle Fraktionen im Wahlkampf Sorgen um den Klimawandel, Hochwasser und Grundwasser machten.
Stattdessen darf im Mischgebiet nun die versiegelte Fläche 80% betragen. Auf diesen versiegelten Flächen wächst kein Baum mehr und es kann auch kein Wasser versickern.
An anderer Stelle beschäftigen wir uns mit der Prävention bzw. Folgen von Hochwasser. Und in der Bleichstraße pumpen wir, nach den Schillergärten, einen weiteren Hügel voll Beton. Dies erscheint mir unlogisch.
So ist zusammenzufassen:
· Die Bestrebungen der KfB die Bebauung in Grenzen zu halten, sind auf keine Mehrheiten gestoßen,
· In der Bahnhofstraße bauen zu hoch
· In der Bleichstraße bauen wir zu dicht
· Insgesamt wird auch aufgrund falscher Informationen und Annahmen das Ziel verfehlt, durch den Bebauungsplan eine Bebauung in verträglichem Maß zu erreichen
· Statt möglichst aufgelockert und verträglich zu planen, wird sich am Maximum orientiert.
Dies möchte die KfB nicht.
Aus diesem Grund kann die KfB dem gegenwärtigen Bebauungsplan nicht zustimmen.
Vielen Dank.
Wortbeitrag von Dr. Marcus Bodesheim in der Stadtverordnetenversammlung vom 28.10.2021
> Youtube Kronberg (ab 2:12:00)
So wurde entschieden:
Antrag angenommen: 25 Ja (8 CDU, 5 Grüne, 5 SPD, 5 FDP, 2 UBG) und 5 Nein (KfB) bei 2 Enthaltungen (KfB, Grüne)
So hat die Presse berichtet:
Kronberger Bote vom 4.11.2021: Bleichstraße-Bahnhofstraße: B-Plan beschlossen, aber Ziel verfehlt?
Taunus-Zeitung vom 1.11.2021: Bahnhofs-Umfeld-Plan verärgert Taunushof-Eigentümer (nicht online verfügbar)