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Kronberg für die Bürger

Entlastung verbietet sich


Endlich liegen sie vor, die Prüfberichte des Rechnungsprüfungsamt zu den Jahresabschlüssen der Stadt Kronberg. Ein Grund zur Freude sind diese Prüfberichte jedoch in keiner Weise. Denn


1. beziehen sich die Prüfberichte auf die mittlerweile historischen Jahresabschlüsse 2013 bis 2018 und können eigentlich gleich in Stadtarchiv wandern. Denn bekanntermaßen endet das Jahr 2022 in wenigen Tagen und dies bedeutet, dass wir weiterhin mit der Aktualität unserer Abschlüsse deutlich hinterherhinken, denn ab dem Jahr 2019 fehlen nicht nur die Prüfungen der Abschlüsse sondern auch der Abschluss selbst liegt nach mittlerweile 3 Jahren den Abgeordneten noch immer nicht vor. Dabei ist die Verwaltung gemäß HGO § 112 (5) verpflichtet, Jahresabschlüsse jeweils innerhalb von vier Monaten aufzustellen und die Gemeindevertretung zu informieren, denn eine erfolgreiche Haushaltsführung und eine verlässliche Planung sind selbstredend nur auf der Grundlage aktueller Jahresabschlüsse möglich.


Allerdings hat diese zeitliche Schlamperei aus Sicht der damaligen Verantwortlichen den praktischen Effekt, dass sie sich nicht mehr für vom Rechnungsprüfungsamt festgestellten Beanstandungen rechtfertigen müssen.


2. zeigen die Prüfungsberichte ein derart erschreckendes Bild, dass die Verwaltung diesmal entschieden hat, die Berichte der Revision– übrigens anders als in der Vergangenheit - nicht zu veröffentlichen. Vor dem Hintergrund der hohen Anzahl und Qualität der festgestellten Schwachpunkte mag das Bestreben, die Berichte unter Verschluss zu halten, nachvollziehbar erscheinen, widerspricht aber klar allen Anforderungen an eine für die Bürger transparente Verwaltung. Deshalb an dieser Stelle nochmals unser Apell, die Prüfberichte über die städtische Kommunikationsplattform „iRich“ der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, wie in der Vergangenheit.


Denn selbstverständlich müssen die Bürger wissen, welche Schwachpunkte das Prüfungsamt festgestellt hat und zu welchem Urteil es gekommen ist. Prüfungsurteile gibt es 1. für die Jahresabschlüsse selbst und 2. für die Qualität der Hauswirtschaft.


Für den 1. Prüfungsteil Jahresabschlüsse 2013 bis 2018 gaben die Prüfer nämlich aufgrund der vielen Schwachstellen offenbar nur mit größten Bauchschmerzen einen „noch“ uneingeschränkten Bestätigungsvermerk. Der äußerst ungewöhnliche Zusatz „noch uneingeschränkt“, wird damit begründet, dass zwar Korrekturen in den Abschlüssen vorgenommen werden müssen, diese sich aber zum Teil in ihren finanziellen Auswirkungen aufheben. Mit anderen Worten, wer viele Fehler macht, hat immer die Chance, dass sie sich gegenseitig aufheben.


Für den 2. Prüfungsteil Haushaltswirtschaft – also die Frage, ob ordnungsgemäß, zweckmäßig und wirtschaftlich gewirtschaftet wurde - konnte vom Prüfungsamt sogar nur ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt werden. Denn die sogenannte Haushaltswirtschaft entspricht nur dann den geltenden Vorschriften, wenn man alle aufgedeckten Feststellungen ausblendet. Also getreu dem Motto, wenn man von allen gemachten Fehlern bei der Klassenarbeit absieht wäre es eine 1, mit Berücksichtigung der Fehler ist es leider nur eine 5.


Auch wenn Jahresabschlussprüfungen per se vergangenheitsorientiert sind, stellen die darin enthaltenen Feststellungen, Empfehlungen und Hinweise aber auch eine Chance dar, in Zukunft die Dinge besser, idealerweise richtig zu machen. Die Prüfberichte führen nach der Übersicht des Bürgermeisters 68 Feststellungen und Hinweise auf, eine beeindruckende Anzahl. Hinzukommen über 60 weitere aufgelistete Feststellungen und Empfehlungen aus über überörtlichen Prüfungen in 2015 und 2019, die ebenfalls größtenteils noch nicht abgearbeitet sind.


Herr König, wir begrüßen es sehr, dass Sie die Herausforderung, entsprechend aufzuräumen angenommen haben und hoffen, dass Sie in dem angekündigten Statusbericht zur Umsetzung in einem Jahr bereits viele Erfolge vermelden können. Denn dass die Beseitigung von Verstößen, die durch das Prüfungsamt festgestellt werden, in Kronberg bisher leider nicht selbstverständlich ist, zeigt die erschreckend hohe Anzahl der noch immer nicht umgesetzten wesentlichen Feststellungen und Empfehlungen aus vergangenen Prüfungen.


Das Spektrum der aktuellen Feststellungen des Prüfungsamtes ist leider extrem breit und erstreckt sich über alle Bereiche. So wurde beispielsweise moniert:

  • Mehrfach unvollständige Unterlagen: z. B. wurden Rückstellungen unzulässigerweise gebildet und waren in ihrer Höhe nicht nachvollziehbar, da keine Dokumentationen vorlag und nicht beschafft werden konnte.

  • Da beruhigt es fast, dass die Erfassung und Bewertung des Sachvermögens „weitestgehend“ nachvollziehbar ist.

  • Mehrfach wurde Aufwand fälschlicherweise aktiviert, so dass im Resultat jeweils ein zu hohes Jahresergebnis gezeigt wird.

  • Das Herbeiführen von Entscheidungen zur Umsetzung von Maßnahmen im Baumanagement auf Basis von Kostenschätzungen wird als verbesserungsfähig bewertet. Empfohlen wurde eine Kostenberechnung (nach HOAI), die zu einer höheren Kostensicherheit führen würden. Und das bereits im Jahr 2015! Interessanterweise besagt die Stellungnahme der Verwaltung, dass man dies bereits 2018 umgesetzt habe. Nur leider kann man diese Verbesserung der Kostenpräzision weder am Beispiel des Winkelbachs noch am Bahnhofsumfeld erkennen.

  • Die Aktenführung wird ebenfalls beanstandet, da es keine einheitliche Struktur und keine Inhaltsverzeichnisse gibt. Ich erinnere an die unvollständigen Loseblatt-Sammlungen, die dem Akteneinsichtsausschuss zum Winkelbach vorgelegt wurden.

  • Viele Dienstanweisungen sein veraltet und widersprächen in Teilen gültigem Recht

  • Eine Personalbedarfsplanung und ein Personalentwicklungskonzept zur bedarfsorientierten Ausbildung gibt es ebenfalls nicht. Dies erinnert sehr an die nur bedingt nachvollziehbare Planstellendiskussion im vergangenen Jahr.

  • Auch wird im Bereich des Personalwesens und insbesondere der Personalkostenabrechnung die Einführung von Internen Kontrollsystemen zur kontinuierlichen Überwachung vorgeschlagen.

Fazit: Eine Entlastung der Verwaltung verbietet sich eindeutig auf Basis der Prüfungsbeanstandungen. Die Entlastung wäre zudem auch nicht mit der HGO vereinbar, gem. der die Gemeindevertretung über den vom Rechnungsprüfungsamt geprüften Jahresabschluss, bis spätestens 31. Dezember des zweiten auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres beschließt und zugleich über die Entlastung des Gemeindevorstands entscheidet. Für den zu beschließenden Jahresabschluss 2013 reden wir aber nicht von 2 sondern von 9 Jahren.


Wortbeitrag von Dr. Ralf A. Pampel in der Stadtverordnetenversammlung vom 15.12.2022


> Youtube Kronberg (ab 41:45 h)


So wurde entschieden:

Antrag angenommen mit 19 Ja (8 CDU, Grü, SPD, FDP, UBG) : 6 Nein (KfB) : 1 Enth (CDU)


So hat die Presse berichtet:

Taunus-Zeitung vom 31.1.2023: Kinderkrankheiten oder "zeitliche Schlamperei"? (nicht online verfügbar)

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